
WIE GEORG MEINEN SESSEL ÜBERNAHM
- info774587
- vor 5 Tagen
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Vor kurzem, wirklich noch vor ein paar Wimpernschlägen, war das mal mein Sessel.
So ein ledernes Monument der Bequemlichkeit. Ein Thron. Mein Thron.
Bis Georg kam. Georg, mein Miniatur-Bulli-Bub mit der Persönlichkeit eines Altbaus: klein von außen, innen aber drei Etagen mehr, als man denkt.
Erst bettelte er noch höflich, ob er zu mir hoch dürfe. Mit diesem Blick, der sagt: „Ich bin klein, aber nicht ohne Einfluss.“
Dann lag er eine Weile quer über meinen Oberschenkeln wie eine etwas zu warm gewordene Wärmflasche.
Und eines Tages beschloss er, dass es hinter mir besser ist.
Weil natürlich.
Warum vorne liegen, wenn man auch das gesamte Sitzmöbel strategisch übernehmen kann?
Also quetschte er sich hinter mich und drückte mich, mit der eleganten Unnachgiebigkeit eines Wesens, das fünf Egos besitzt und alle zur selben Zeit benutzt, langsam nach vorne.
Ich rutschte so weit vor, ich war eigentlich nur noch symbolisch am Sitzen beteiligt.
Ich saß irgendwann auf exakt zehn Zentimetern Lederkante, die sich anfühlten wie die scharfe Seite eines Lineals. Und wer meinen Hintern kennt... öhm... lassen wir das.
Meine Arschbacken sind da regelmäßig in den Tiefschlaf gefallen. Diese kribbelnden Schmerzen ließen mich kapitulieren.
Und so wurde aus meinem Sessel Georgs Sessel.
Nicht durch Gewalt, sondern durch konsequentes Nachrücken.
Ich habe das einfach akzeptiert.
Es bringt auch nix, mit einem Bullterrier zu diskutieren.
Nur wenige Tage nach der Übernahme meines Sessels sendete mir das Universum allerdings eine kleine Genugtuung.
Georg lag erst ganz gechillt im Sessel, wirklich würdevoll, wie ein römischer Kaiser, der darüber nachdenkt, ob man heute noch irgendwas regeln muss oder ob man’s einfach laufen lässt.
Und dann, plötzlich, als hätten sich seine Synapsen im Hirn gelöst und neu verknotet, fängt er an, sich auf dem Sessel zu schubbern und zu juckeln, als hätte er eine Kooperation mit einem Möbelhaus und müsste demonstrieren, wie belastbar das Leder ist.
Der Sessel natürlich viel zu klein für solche Bewegungen, aber Georg schubbert sich weiter.
Er dreht sich, verkantet sich, macht einen halben Purzelbaum, bis er schließlich mit einem satten, ehrlichen „plumps“ von dem Ding runterfällt.
Und ich? Ich lache. Vielleicht sogar ein wenig gehässig, aber wenigstens hatte ich jetzt was zum Lachen.
Wenn ich sonst schon nix mehr hab.




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